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Fazit der Kanonenbahnfahrt
800 Kilometer mit dem Fahrrad? Ja, das geht. Und zwar auch auf einem Faltrad (und erst recht mit einem Brompton) – es ist am Ende vor allem eine Frage, wieviel Zeit dafür zur Verfügung steht. Und wenn die Strecke landschaftlich schön ist und die Wege gut sind, dann macht das alles auch richtig Spaß. Das ist immer wieder verblüffend, wie das Rad die Entfernungen zusammenschrumpfen lässt und gleichzeitig die Landkarte mit Leben und Eindrücken gefüllt wird. In diesem Fall eben die zwischen Koblenz und Berlin.
Das war jetzt meine vierte lange Radreise und ich bin einmal mehr froh, diese Tour angetreten zu haben. Obwohl ich in diesem Frühjahr weniger als sonst mit dem Rad unterwegs war und ich deshalb Zweifel an meiner Fitness hatte, obwohl am Anfang auch noch der Hals schmerzte: ich habe die Tour gut überstanden und bin stolz, wieder einmal quer durch das Land gefahren zu sein.
Mein Vorgehen war dabei wieder, jeden Tag etwa 80-90 Kilometer einzuplanen, so dass genügend Zeit für Pausen oder sonstige Aktivitäten blieb. Auch wenn ich sicher mehr geschafft hätte: ich brauchte die Zeit, um Regenschauern ausweichen zu können. Die bräuchte ich das nächste Mal nicht unbedingt wieder, den Rückenwind plane ich aber gerne wieder ein.
Was sich bewährt hat, war von irgendwo nach Hause zu fahren: so muss ich nur einmal eine lange Zugfahrt buchen und habe damit den Vorteil, noch einen Tag mehr fahren zu können. Ebenso hatte die Tour ein sehr klares Ende, dem ich ich mich auch innerlich immer weiter nähern konnte. Und das Abholen durch Freunde ist natürlich großartig. Der Nachteil ist, dass die letzten 1,5 Tage auf bekannten Strecken erfolgen. Ebenso ist die Routenwahl natürlich begrenzt, weil eben viele, aber halt nicht alle Wege nach Berlin führen.
Zur Strecke: Die landschaftlich schönsten Abschnitte durchfuhr ich im oberen Lahntal (Tag 1 und 2) sowie dann zwischen Nordhessen und Thüringen. So ein bisschen Gebirge kann ganz schön was hermachen. Damit es auch ein Genuss wird, braucht es auch eine autoferne Führung. Das gelang ganz gut, wobei Sachsen-Anhalt größere Lücken im Radnetz aufwies. Man merkt halt, wo der touristische Radverkehr mitgedacht wird und wo nicht. Aber auch sonst: ich kam an einer Autobahnausfahrt vorbei und dachte mir: so ein Netz hätte ich auch gern. Zudem sind unterdimensionierte Wege sind leider weit verbreitet.
Die Unterkünfte waren einmal mehr recht durchwachsen. Man spürt, wie die Beherbungsmöglichkeiten gerade in touristisch wenig erschlossenen Gebieten seltener geworden sind. Die Kartenzahlung verbreitet sich. Bei der Verpflegungssuche mache ich mich noch zu sehr von Google-Maps (bzw. den dortigen Bewertungen) abhängig.
Zum Material: Es hat sich bewährt mit Klickpedalen unterwegs gewesen zu sein, auch wenn eine am Ende knackte. Dem muss ich jetzt nachgehen. Das Problem: die MKS Urban Step-in A Ezy Superior werden nicht mehr hergestellt und mir sind keine anderen Klick-Steckpedale bekannt. Wer Alternativen kennt: gebt mir einen Hinweis.
Das Packkonzept mit den drei Taschen hat sich weiterhin bewährt. Zwei Radhosen reichen bei täglichen Waschmöglichkeiten. Dass ich mehr Jerseys dabei hatte, lag an deren politischen Botschaften. Im Gegensatz zu den letzten Jahren ließ ich meine Kamera daheim und war nur mit Telefon unterwegs. An einigen Stellen fehlte der bessere Zoom, aber 2 Kilo sind halt echt eine Hausnummer.
Es war gut, eine kleine tragbare Tastatur dabei zu haben, sonst hätte ich mir während der Tour nicht so viele Notizen machen können und diese Tourbeschreibung wäre auch Monate nach meiner Rückkehr nicht möglich gewesen. Was mich dabei am stärksten aufgehalten hat, waren die Bildbeschreibungen, die hier hinter jedem Bild dieses Reiseberichts liegen.
Und ansonsten gilt: nach der Tour ist vor der Tour. Es ist aktuell recht wahrscheinlich, dass ich meine nächste größere Radreise doch auf einem etwas größeren Fahrrad machen werde. Was heißt, dass ich womöglich weniger auf Asphalt unterwegs sein könnte. Aktuell werfe ich einen Blick von Berlin Richtung Danzig. Oder aber von Paris nach Koblenz? Wo würdet ihr mich hinschicken? Was hat euch gut gefallen? Kommentiert gern.